Wie lange kann man in der Schweiz getrennt leben, ohne sich scheiden zu lassen?

Grundsätzlich gibt es keine Pflicht sich nach einer faktischen Trennung innerhalb einer bestimmten Frist scheiden zu lassen. Wenn Sie und Ihr Ehepartner beide entweder mit der Scheidung warten wollen oder diese gar nicht wollen, müssen sie das folglich auch nicht. Trotzdem gibt es in solchen Fällen einige rechtliche Stolpersteine zu beachten.

 

Steuern

Wenn ein Ehepaar noch verheiratet, jedoch faktisch getrennt ist, muss es auch getrennt veranlagt werden. Als faktische Trennung gilt hier der Zeitpunkt, in welchem der Wille zur ehelichen Gemeinschaft mindestens bei einem Ehegatten weggefallen ist und  der gemeinsame Haushalt aufgehoben wurde (Im Kanton Luzern findet sich diese Formel sogar im kantonalen Steuergesetz: LGVE 1987 II Nr. 6). In manchen Kantonen muss die Trennung zusätzlich von Dauer sein. Der Kanton Bern verlangt bspw. 1 Jahr. Massgeblich ist jeweils der Personenstand am 31. Dezember. Sind Sie an diesem Tag faktisch von Ihrem Ehepartner getrennt, werden Sie für das ganze Jahr separat besteuert.

 

Erbrecht

Mit der Scheidung erlischen die Pflichtteilsberechtigung und die Erbberechtigung. Das bedeutet, dass Sie Ihrem ehemaligen Ehegatten nicht nur nichts mehr vererben müssen (Pflichtteilsberechtigung), sondern dass dieser auch ohne Testament automatisch nichts mehr erbt (Erbberechtigung). Der Expartner erbt nur noch etwas, wenn sie Ihn effektiv in einem Testament begünstigen.

Bei einer faktischen Trennung ist dies jedoch nicht der Fall. Hier bleibt Ihr Ehegatte Pflichtteils- und Erbberechtigt. Durch den Pflichtteilsanspruch können Sie Ihm auch durch ein Testament nicht den ganzen Erbanspruch wegnehmen.

 

Renten

Bei einer Scheidung werden die Renten plafoniert. Hierdurch werden die Renten wieder einzeln berechnet. Bei einer faktischen Trennung ist dies jedoch nicht der Fall. Die Renten werden weiter, wie während der Ehe ausbezahlt. Eine Ausnahme ist jedoch, wenn ein Richter den gemeinsamen Haushalt aufhebt. Dann wird auch die Plafonierung aufgehoben.

Bezüglich des Anspruchs auf Witwen-/ Witwerrente ändert sich bei einer faktischen Trennung nichts.

 

 

Gerichtliche Trennung als Alternative

In der Schweiz gibt es nebst der Scheidung eine gerichtliche Trennung als deren Alternative. Eingeführt wurde sie vor allem für Personen, welche sich aus religiösen Gründen nicht scheiden lassen konnten. Sie kann jedoch auch sonst genutzt werden. Für die gerichtliche Trennung gelten die gleichen Voraussetzungen wie für die Scheidung. Das heisst entweder sind beide Ehegatten einverstanden und reichen ein gemeinsames Trennungsbegehren ein oder es müssen zwei Jahre faktische Trennung abgewartet werden, bis ein Ehegatte die Trennungsklage einreichen kann. Die Folgen einer gerichtlichen Trennung sind:

-       Analog einer Scheidung gibt es bei den Renten keine Plafonierung mehr.

-       Die Ermächtigung zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft erlischt, wenn nicht mehr zusammengelebt wird.

-       Die Gütertrennung tritt ein.

-       Die Erb- und Pflichtteilsberechtigung bleibt.

-       Die Gegenseitige Unterhaltspflicht bleibt bestehen.

 

Kurzum: Wenn Sie sich nicht scheiden lassen wollen – und lieber faktisch getrennt leben – müssen Sie das auch nicht. Jedoch müssen sie auch bei einer faktischen Trennung bei den Steuern einzeln veranlagt werden. Ansonsten bleibt die Erb- und Pflichtteilsberechtigung und auch bei den Renten ändert sich im Vergleich zur Ehe grds. nichts.

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