Wann muss der Mann der Frau in der Schweiz Unterhalt bezahlen?
Grundsätzlich gilt nicht, dass immer der Mann der Exfrau Unterhalt bezahlen muss. Das Geschlecht spielt bei der Frage des Unterhalts keine Rolle. Es kommt lediglich darauf an, ob ein Ehepartner bei einer Scheidung nicht im Stande ist, selber für seinen Unterhalt zu sorgen und es dem Expartner finanziell möglich ist, diesen zu unterstützen. Durch die klassische Rollenverteilung war es in der Vergangenheit vermehrt der Mann, welcher die Exfrau unterstützt hatte. Es kann jedoch auch umgekehrt sein.
Für die Frage wann Unterhalt zu bezahlen ist, muss zuerst geklärt werden, ob die Ehe lebensprägend war. Dies ist grundsätzlich der Fall:
«wenn die Ehepartner gemeinsam entschieden haben, dass einer der beiden seine wirtschaftliche Unabhängigkeit (seine Erwerbstätigkeit) zugunsten der Übernahme von Haushalt und Kinderbetreuung aufgab und es ihm nach langjähriger Ehe nicht mehr möglich ist, an seiner früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen oder einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen, welche einen ähnliches Einkommen verspricht.»
Das bedeutet, dass wenn ein Ehepartner seinen Job aufgegeben hat, um sich um die Kinder zu kümmern und den Haushalt zu besorgen, damit der andere Ehepartner seiner Erwerbstätigkeit weiter nachgehen kann und es ihm jetzt nicht möglich ist, wieder ohne weiteres ins Erwerbsleben einzusteigen, Unterhalt grundsätzlich geschuldet wird. Bei der Frage, ob es einem Ehepartner möglich ist wieder ins Erwerbsleben einzusteigen spielen eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle. So werden beispielsweise das Alter, die Ausbildung, Sprachkenntnisse, die Lage auf dem Arbeitsmarkt etc. berücksichtigt. Kommt das Gericht also zum Schluss, dass es einem Ehegatten nicht möglich ist eine Erwerbstätigkeit zu finden, mit welcher die Weiterführung des ungefähr selben Lebensstandards wie er während der Ehe gelebt wurde, zu finanzieren, wird als nächstes geprüft, ob der andere Ehegatte in der Lage ist diesen finanziell zu unterstützen.
Für die Frage, ob ein Ehegatte in der Lage ist den Exgatten zu unterstützen, muss dieser mit seinem Einkommen als erstes sein Existenzminimum und das Existenzminimum eventuell noch minderjähriger Kinder decken können. Wenn noch Geld übrig ist, kann dieses verwendet werden um das Existenzminimum des Expartners zu decken. Sind all diese gedeckt wird dieses Existenzminimum zuerst beim Unterhaltspflichtigen, dann bei den minderjährigen Kindern und dann beim Expartner um zusätzliche Positionen auf das sogenannte familienrechtliche Existenzminimum erweitert (dazu gehören u.a. Steuern, Kommunikations- und Versicherungspauschalen, unumgängliche Weiterbildungskosten, den wirtschaftlichen Verhältnissen angepasste Wohnkosten, Kosten zur Ausübung des Besuchsrechts und allenfalls Kosten zur Schuldentilgung). Erst wenn auch diese gedeckt sind wird ein allfälliger Überschuss im Einkommen des Unterhaltspflichtigen auf diesen selber, dessen Expartner und dessen Kinder verteilt. Grundsätzlich geht je ein Drittel des Überschusses an die Eltern und der letzte Drittel an die Kinder. Wenn der Unterhaltspflichtige jedoch plötzlich mehr verdient, muss er dem Expartner nur so viel am Überschuss geben, dass dieser – zusammen mit dem eigenen Einkommen – sich ungefähr den Lebensstandard leisten kann, welcher auch während der Ehe gelebt wurde. Nicht mehr.
Kurzum: Wenn es einem von beiden Ehegatten nach der Scheidung nicht zugemutet werden kann selber für den Unterhalt aufzukommen, wird grundsätzlich Unterhalt geschuldet. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn jemand zugunsten des anderen Ehepartners auf die eigene Erwerbstätigkeit verzichtet hat, damit man sich vollständig um den Haushalt und die Kinderbetreuung kümmern konnte und es jetzt nicht mehr möglich ist wieder in den Job einzusteigen und ein genügendes Einkommen zu erzielen. Der Expartner muss hier grundsätzlich – soweit er finanziell in der Lage ist – die Differenz von dem was der Expartner zu verdienen in der Lage ist und dem zum gebührenden Unterhalt übernehmen