Stimmt es, dass mein Exmann / meine Exfrau die Unterhaltszahlungen einstellen darf, wenn ich einen neuen Partner habe?
Grundsätzlich darf Ihr Expartner dies nicht automatisch. Es ist jedoch möglich, dass Sie in Ihrer Scheidungskonvention eine sogenannte Konkubinatsklausel vereinbart haben. Gewisse Gerichte integrieren diese sogar in ihren Musterscheidungskonventionen (bspw. Zürich). Je nach Inhalt wird der Unterhaltsbeitrag reduziert oder gar gestrichen, wenn der unterhaltsbedürftige Ehegatte in einem Konkubinat lebt. Hierbei stellen sich die Fragen was einerseits unter einem Konkubinat verstanden wird und andererseits ob solche Klauseln immer zulässig sind.
Was ist ein Konkubinat?
Unter einem Konkubinat wird grundsätzlich eine mindestens fünfjährige Lebensgemeinschaft, welcher einer Ehe ähnelt, vermutet. Hierbei liegt der Fokus jedoch mehr auf der gelebten Beziehung als auf der fünfjährigen Dauer. Wenn die Klausel folglich nicht genauer definiert, ab wann im Sinne der Scheidungskonvention ein Konkubinat vorliegt, wird diese Definition Anwendung finden. Es empfiehlt sich jedoch in der Klausel selbst zu definieren, dass es bspw. erst ab einem über 5-jährigen Zusammenleben mit einem neuen Partner zu einer Kürzung der Unterhaltszahlung kommt oder ab welcher Zeit die Zahlungen gänzlich wegfallen.
Ein St. Galler Gericht hat beispielsweise festgehalten, dass bereits ab 6 Monaten des Zusammenlebens die dadurch eingesparten Kosten berücksichtigt werden können. Danach kann in einem zweiten Schritt – nach ungefähr 2 Jahren – geprüft werden, ob der neue Partner des Unterhaltsberechtigten eine solidarische Verpflichtung diesem gegenüber hat. Wenn dies der Fall ist, dürften nacheheliche Unterhaltszahlungen sistiert werden.
Zulässigkeit einer Konkubinatsklausel
Bei einer Scheidung muss die Scheidungskonvention immer vom Gericht genehmigt werden. Folglich prüft das Gericht auch eine allfällige Konkubinatsklausel auf Ihre Zulässigkeit. Solange die Klausel jedoch nicht «offensichtlich Unangemessen» ist, und folglich gewisse Rahmenregeln einhält, gilt sie als zulässig.
Eine solche Regel, welche grundsätzlich zu einer fehlenden Zulässigkeit führt ist betrifft Mankobeträge. Ein Mankobetrag besteht, wenn trotz Unterhaltszahlungen der sogenannte gebührende Unterhalt nicht gedeckt werden kann. Er bildet folglich den Unterschied zwischen dem Unterhalt, welcher eigentlich geschuldet ist und demjenigen, welcher effektiv bezahlt werden kann. In solchen Fällen darf die Unterhaltsleistung nicht noch weiter gekürzt werden. Es muss beim gebührenden Unterhalt – welcher gerade nicht bezahlt werden kann – eine Kürzung vorgenommen werden. Dann wird geschaut, ob der so errechnete Betrag über dem tatsächlich bezahlten Unterhaltsbetrag liegt oder nicht. Falls er darüber liegt, kann es folglich zu keiner Kürzung der Unterhaltsleistung kommen. Das bedeutet, dass eine Konkubinatsklausel vor allem bei schlechteren finanziellen Verhältnissen, oft gar nicht zum Einsatz kommen kann.
Des Weiteren darf eine Konkubinatsklausel nicht auf den Kinderunterhalt angewendet werden. Somit darf auch der Betreuungsunterhalt – welcher zum Ausgleich der eingeschränkten Erwerbsmöglichkeiten aufgrund der Betreuung des obhutspflichtigen Elternteil dient – nicht gekürzt werden, da dieser dem Kinderunterhalt zuzuordnen wird.
In der Lehre herrscht jedoch auch über die weitere Zulässigkeit der Konkubinatsklausel Uneinigkeit. Denn auch wenn der unterhaltsberechtigte Partner durch das Konkubinat Einsparungen im Bedarf hat (weil bspw. der neue Partner die Hälfte der Miete bezahlt), heisst dies nicht, dass die Unterhaltsleistungen um einen pauschalen Betrag gekürzt oder gar gestrichen werden dürfen. So sollte grundsätzlich immer eine neue Bedarfs- und Einkommensaufstellung erstellt werden, welche die neuen Ersparnisse berücksichtigt. Auf Basis von dieser kann das Vermögen dann neu aufgeteilt werden. Dies wird in der Praxis jedoch oft erst dann gemacht, wenn sich ein Ehegatte gegen die Klausel wehrt.
Kurzum: Eine Konkubinatsklausel unterliegt – wie auch der Rest einer Scheidungskonvention – der Genehmigung durch ein Gericht. Eine solche wird nicht gegeben, wenn sie «offensichtlich Unangemessen» ist. Dies wäre beispielsweise bei einer Klausel, welche nebst dem nachehelichen Unterhalt auch den Kindesunterhalt betrifft, der Fall. Bei der Vollstreckung einer Konkubinatsklausel kann ein im Scheidungsurteil vorgesehener Mankobetrag ein Hindernis sein.