Was muss ich nach der Scheidung in der Schweiz bezahlen?
Nach der Scheidung gibt es grundsätzlich zwei Arten von Unterhaltszahlungen, welche einen Ehegatten noch zu Geldleistungen nach der Ehe verpflichten können. Diese sind der nacheheliche Unterhalt und der Kindesunterhalt.
Kindesunterhalt
Für minderjährige Kinder müssen Sie grundsätzlich Unterhalt bezahlen, wenn der andere Ehegatte sich vorwiegend um die Kinder kümmert. Für volljährige Kinder müssen Sie unter Umständen noch immer Unterhalt bezahlen, wenn es für Sie zumutbar ist und wenn das Kind seine Erstausbildung noch nicht abgeschlossen hat.
Nacheheliche Unterhalt
Unter nachehelichem Unterhalt werden die Geldzahlungen an den Expartner verstanden. Das heisst Zahlungen, welche nicht zur Deckung der Kosten der Kinder, sondern zur Deckung der Kosten des ehemaligen Ehepartners gelten. In den letzten Jahren wird der Unterhalt an Exehegatten zwar immer zurückhaltender zugesprochen, unter Umständen haben Sie - wie gleich aufgezeigt wird - dennoch Anspruch darauf.
Früher spielte die Dauer der Ehe bezüglich der Frage nach nachehelichem Unterhalt eine zentrale Rolle. So galten Ehen nach rund 10 Jahren – oder eine Ehe mit Kindern - grundsätzlich als lebensprägend, was wiederum die Voraussetzung für Unterhaltsleistungen in der maximalen Höhe des während der Ehe gelebten Lebensstandard war.
Heutzutage gilt dies nicht mehr ganz so, da sich die Definition einer lebensprägenden Ehe in den letzten Jahren verändert hat. Jetzt hängt die Bejahung einer lebensprägenden Ehe vom Gesamtbild, bestehend aus einer Mehrzahl von Faktoren ab. Der häufigste Fall einer lebensprägenden Ehe ist folgender:
Als lebensprägend gilt eine Ehe, in welcher ein Ehegatte aufgrund eines gemeinsamen Lebensplans seine wirtschaftliche Selbständigkeit aufgegeben hat (bspw. Durch Aufgabe seiner Erwerbstätigkeit) damit er sich um die Haushaltsbesorgung und die Kinderbetreuung kümmern konnte und es ihm jetzt, nach einer langjährigen Ehe nicht mehr möglich ist, wieder an der damaligen beruflichen Stellung anzuknüpfen (BGE 5A_568/2021).
Weiter wurde der Grundsatz aufgegeben, dass bei Bejahung einer lebensprägenden Ehe faktisch immer Unterhalt bezahlt werden muss. Heutzutage muss selbst bei einer lebensprägenden Ehe nur dann Unterhalt bezahlt werden, wenn der unterhaltsbedürftige Ehepartner, unter Ausschöpfung seiner vollen Erwerbskapazität, nicht in der Lage ist für seinen Unterhalt aufzukommen.
Folglich kann auch die Frage: «Was muss ich nach der Scheidung bezahlen?», nicht mehr kollektiv beantwortet werden. Für den Kinderunterhalt gilt, dass Sie grds. die Kosten der Kinder decken müssen, wenn der andere Ehegatte den grössten Teil der Betreuung übernimmt. Bei der Frage nach dem nachehelichen Unterhalt müssen Sie sich fragen, ob Ihre Ehe als lebensprägende Ehe definiert wird. Das ist bspw. zu bejahen, wenn ein Ehegatte seine Arbeit zu Beginn aufgegeben haben um sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern und nun nicht mehr ohne weiteres an seiner damaligen Karriere anknüpfen können. Als nächstes müssen Sie sich fragen, ob es für diesen Ehegatten dennoch möglich ist durch eine Erwerbstätigkeit für seinen eigenen Unterhalt aufzukommen. Wenn dies nicht der Fall ist, hat dieser Ehegatte grundsätzlich – je nach finanzieller Situation des anderen Ehegattens – Anspruch auf einen nachehelichen Unterhalt in der maximalen Höhe des bisher gelebten Lebensstandards.
Wenn Sie die erste Frage nach einer lebensprägenden Ehe mit nein beantworten sieht es anders aus. In Fällen einer nicht lebensprägenden Ehe hat der finanziell schlechter gestellte Ehegatte keinen Anspruch, den zuvor gelebten Lebensstandard weiterzuleben. Hier wird diesem nur dann ein nachehelicher Unterhalt zugesprochen, wenn er einen sogenannten «Heiratsschaden» hat. Das bedeutet, wenn er durch die Schliessung der Ehe schlechter gestellt wurden. Dann wird ihm maximal ein Unterhalt in der Höhe gegeben, dass er dadurch so gestellt werden, als wäre die Ehe nie geschlossen worden. In vielen Fällen fällt der nacheheliche Unterhalt somit komplett weg.
Kurzum: Nach einer Scheidung gibt es grds. zwei Möglichkeiten für Geldzahlungen über die Ehe hinaus. Diese sind der Kindsunterhalt - welcher von dem Ehegatten geschuldet wird, welcher die Kinder nicht hauptsächlich betreut - und den nachehelichen Unterhalt. Ein nachehelicher Unterhalt wird jedoch nur geschuldet, wenn die Ehe nach der neusten Rechtsprechung als lebensprägend gilt und es dem finanziell schlechter gestellten Ehegatten nicht möglich ist für seinen eigenen Unterhalt aufzukommen.