Advokatur Pfenninger

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Ich habe während der Ehe kaum gearbeitet. Habe ich bei der Scheidung dennoch Anspruch auf eine Altersvorsorge?

Die kurze Antwort ist ja. Sie haben in den meisten Fällen Anspruch sowohl auf eine 1. Wie auch eine 2. Säule.

Bei der 1. Säule wird seit 1997 bei einer Scheidung automatisch ein sogenanntes AHV-Splitting vorgenommen. Das bedeutet, dass alle während der Ehe erzielten Einkommen beider Ehegatten zusammengezählt und anschliessend hälftig jedem Ehegatten gutgeschrieben werden. Wenn Sie zwar nicht gearbeitet haben, jedoch Ihre Kinder betreut haben, wird Ihnen für jedes Jahr, in welchem Sie Kinder unter 16 Jahren hatten eine sogenannte Erziehungsgutschrift gutgeschrieben. Diese ist dreimal die Minimalrente und folglich rund 42’660 CHF. Somit wird auch Ihnen für jedes Jahr, in welchem mindestens ein Kind unter 16 Jahren war, ein Einkommen in dieser Höhe angerechnet.

Für die zur Teilung relevanten Einkommen werden lediglich diejenigen des Jahres der Hochzeit und des Jahres der Scheidung werden nicht dazugerechnet. Sobald die Scheidung abgeschlossen ist, können Sie – ohne Mitwirkung Ihres Exgattens – bei einer Ausgleichskasse (in welche entweder von Ihnen oder Ihrem Ehegatten während der Ehe Einzahlungen gemacht wurden) die Einkommensteilung verlangen. Nach Abschluss des Splittings erhalten Sie eine Kontenübersicht.

Bei der 2. Säule wird grundsätzlich das während der Ehe erzielte Guthaben beider Ehegatten hälftig geteilt. Das bedeutet, dass wenn Sie über kein Pensionskassenguthaben verfügen, Ihr Ehegatte vor der Ehe jedoch ein Pensionskassenguthaben in der Höhe von 50'000 CHF und bei der Scheidung ein Pensionskassenguthaben von 1'700’000 CHF hat, er Ihnen bei der Scheidung rund 825'000 CHF ((1'700’000 – 50'000) / 2) geben müsste. Für den Fall, dass auch Sie während der Ehe ein Pensionskassenvermögen aufgebaut hätten, müssten Sie ihm ebenfalls die Hälfte davon abgeben. In sehr wenigen Fällen kann von einer hälftigen Teilung der Pensionskasse abgewichen werden. Hierfür braucht es jedoch eine gerichtliche Genehmigung, für welche sehr hohe Voraussetzungen verlangt werden. So muss die verzichtende Person zwingend über eine genügende Altersvorsorge verfügen oder es müssen andere wichtige Gründe vorliegen.  

Kurzum: Auch wenn Sie während der Ehe keiner oder nur einer geringen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind, stehen Sie bei einer Scheidung nicht ohne Altersvorsorge da. Einerseits gibt es eine automatische Teilung der AHV und andererseits wird grundsätzlich die Pensionskasse hälftig geteilt. Wir helfen Ihnen bei Fragen gerne weiter und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.